Die Wandlung von CBD klassisch zu CBD 4.0

Die Welt­naturschutz-Kon­ferenz CBD hat sich drama­tisch gewan­delt, meint Jim Thomas, der als Berater für Save Our Seeds an der Vor­bere­itung und den Ver­hand­lun­gen der COP 16 in Cali beteiligt war. Der Weg von der klas­sis­chen CBD zur “CBD 4.0” sei gepflastert mit Tech­no- und Finanzver­sprechen ein­er neuen Gen­er­a­tion von neolib­eralen Naturgeschäft­sleuten. Ein pointiert­er Hal­loween-Essay nach drei Wochen Öko-Show, Han­delsmesse und Diplo­matie in der Hitze von Cali.

Von Jim Thomas, Scan the Hori­zon

Die diesjährige Con­fer­ence of the Par­ties (COP) der UN-Arten­schutzkon­ven­tion fand in der Welthaupt­stadt der Sal­sa statt. Es war ein drei­wöchiges Spek­takel in brü­ten­der Hitze. „Cali es caliente“, murmelten wir, während wir uns durch eine Mis­chung aus Öko-Show, Han­delsmesse und ern­sthaften diplo­ma­tis­chen Ver­hand­lun­gen schwitzten. Für Außen­ste­hende der „COP-Kul­tur“, die ver­ste­hen wollen, was sich in Sachen Biotech­nolo­gie in Cali abge­spielt hat, hier ein grober Überblick.

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Zunächst ein­mal ist es wichtig zu ver­ste­hen, dass es nicht nur einen Geist, son­dern zwei ver­schiedene Geis­ter gab, die die COP in Cali während dieser Zeit der Geis­ter und Gespen­ster – Hal­loween fiel in die Zeit der Ver­hand­lun­gen — beset­zten und belebten.

CBD klassisch

Da ist zum einen die  „gute alte COP“ — der Geist der Ver­gan­gen­heit der CBD, wenn Sie so wollen. Dieser Geist umfasst die Geschichte, Werte, Pri­or­itäten, Ziele und Pro­gramme, die viele von uns CBD-Old­timern nur allzu gut ken­nen.

Das ursprüngliche UN-Übereinkom­men über die biol­o­gis­che Vielfalt, das es seit drei Jahrzehn­ten gibt, ging aus dem Erdgipfel von Rio 1992 her­vor. Es wurde zu ein­er Zeit aus­gear­beit­et, als einige gut informierte Umwelt­diplo­mat­en besorgt waren über die neue Bedro­hung durch gen­tech­nisch verän­derte Pflanzen, die zu ein­er Beein­träch­ti­gung der Arten­vielfalt (und Biopi­ra­terie an Saatgut, Tier­rassen und indi­ge­nen Kul­turen) beitra­gen würde. Diese klas­sis­che CBD-Agen­da hat dem Vor­sorgeprinzip einen fes­ten Platz in ihrer DNA eingeräumt — zusam­men mit ein­er vernün­fti­gen Prü­fung neuer Bedro­hun­gen und aufk­om­mender Prob­leme, der Vere­in­barung von Kon­troll­richtlin­ien, der Unter­stützung arten­re­ich­er indi­gen­er Kul­turen und so weit­er.

Die klas­sis­che CBD-Agen­da beste­ht auf den Gerechtigkeits­grund­sätzen und der Ein­beziehung der sozioökonomis­chen Aspek­te unser­er ökol­o­gis­chen Krise. Deshalb gibt es das Carta­ge­na-Pro­tokoll über die biol­o­gis­che Sicher­heit (das eine Risikobe­w­er­tung für GVO vorschreibt), das Nagoya-Pro­tokoll, das (eher schwach) ver­sucht, gegen Biopi­ra­terie vorzuge­hen, und das Nagoya-Kuala Lumpur-Zusatzpro­tokoll über Haf­tung und Schadenser­satz, das (noch schwäch­er) besagt, dass für Schä­den durch GVO gehaftet wer­den sollte.

Im klas­sis­chen Modus der CBD gab es in der Ver­gan­gen­heit Mora­to­rien für Ter­mi­na­tor-Saatgut und Geo-Engi­neer­ing, Leitlin­ien für die Risikobe­w­er­tung, klare Stel­lung­nah­men gegen gen­tech­nisch verän­derte Bäume und Gene Dri­ves sowie andere halb­wegs vernün­ftige mul­ti­lat­erale Entschei­dun­gen, die durch Proteste vor Ort unter­stützt wur­den.

Diese alte Agen­da set­zt sich fort, nicht nur bei den Biotech-The­men, son­dern auch in der 8(j)-Arbeitsgruppe, in der indi­gene Gemein­schaften ihre Bedürfnisse und Inter­essen in Bere­ichen wie Wald­schutz, Schutz der biol­o­gis­chen Vielfalt der Meere und Kli­mawan­del vertei­di­gen. Da die klas­sis­che CBD nie viele Ange­bote für das Großkap­i­tal bere­i­thielt, wurde die CBD im Ver­gle­ich zu den unternehmensfre­undlicheren Kli­ma-COPs als poli­tis­ch­er Son­der­weg behan­delt, was ihr sog­ar den Spitz­na­men „NGO-COP“ ein­brachte. Die Zivilge­sellschaft mit ihren Mora­to­rien und berechtigten Forderun­gen nach Gerechtigkeit, Agrarökolo­gie, wirtschaftlichen und kul­turellen Recht­en und so weit­er hat­te dort eine Stimme.

CBD 4.0

In Cali fand jedoch eine andere Art von COP statt: eine neolib­erale Öko-Han­delsmesse im Stil des Wirtschafts­gipfels von Davos, gemis­cht mit Normierungsauss­chüssen zur Erschließung neuer Märk­te für biol­o­gis­che Vielfalt und High­tech-Spielzeug der näch­sten Gen­er­a­tion.

CBD 4.0 ste­ht für einen neuen Geist, der nicht erst auf dem vorheri­gen ‘Welt­naturgipfel’ in Mon­tre­al 2022 mit seinem promi­nen­ten Glob­al Bio­di­ver­si­ty Frame­work (KMGBF) ent­stand, dort aber volle Fahrt aufgenom­men hat.

Von diesem Zeit­punkt an ent­deck­te eine neue, gewis­ser­maßen gen­tri­fizierende Gruppe jün­ger­er, finanziell gut aus­ges­tat­teter „grün­er“ Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen, Finanziers und Phil­an­thropen die CBD, als zögen sie in ein herun­tergekommenes, aber gemütlich­es Stadtvier­tel, das sie zuvor nicht bemerkt hat­ten. Sie formierten sich um eine Strate­gie zur Finanzial­isierung der Arten­vielfalt. Die beste­ht aus „natur-pos­i­tiv­en“ Kom­pen­sa­tion­s­maß­nah­men, 30×30-Zielen für Schutzge­bi­ete, dem Erlass von Schulden gegenüber der Natur und glitzern­den neuen dig­i­tal­en und genomis­chen Tech­nolo­gien („inno­v­a­tiv­en Lösun­gen“, wie manche sie lieber nen­nen).

Die CBD 4.0‑Agenda bringt willkommene junge Energie mit sich, zieht aber auch Leute an, die sehr an Zahlen inter­essiert sind — ins­beson­dere daran, wie viel Geld für die „Natur“ ver­sprochen wird, die nun zu ein­er mess­baren Größe gewor­den ist so wie der „Kohlen­stoff“.

„Natur“ wird im Rah­men von CBD 4.0 in leuch­t­en­den Far­ben auf NGO-Dis­plays mit Jaguaren und indi­ge­nen Völk­ern präsen­tiert. Die The­o­rie der CBD 4.0-„Prediger“ ist, dass steigende Spenden — und etwas, das als „ Ambi­tion“ zur Ret­tung der „Natur“ beze­ich­net wird — uns auch der Ret­tung des „Kli­mas“ durch so genan­nte „natur­basierte Lösun­gen“ näher brin­gen wer­den (haupt­säch­lich für die Einzäu­nung von Land), ein­schließlich von Geldern, die in einen neuen Bio­di­ver­sitäts­fonds fließen.

CBD 4.0‑Gläubige hof­fen auch, dass schon eine kleine Steuer auf dig­i­tale Genom­se­quen­zen einen Geld­segen für „grünes Wach­s­tum“ und die „Natur“ brin­gen wird. Auf dem Weg dor­thin entste­hen neue lukra­tive Märk­te und Tech-Start-ups für die Überwachung der Arten­vielfalt, die Wieder­her­stel­lung von Ökosys­te­men und „naturfre­undliche“ Tech­nolo­gien, die von energiehun­griger Kün­stlich­er Intel­li­genz ges­teuert wer­den, die braven jun­gen Ökosol­dat­en Arbeit­splätze bieten und Bio­di­ver­sitäts­fi­nanzen für Unternehmen ermöglichen.

Dieses neolib­erale Völkchen, von denen viele schon ein­mal von Bezos, Gates oder ähn­lichen finanziert wur­den, ist gekom­men, um über den Trans­fer und Kapaz­ität­sauf­bau für die Entwick­lung von Tech­nolo­gien, über Ziele und Finanzierung zu sprechen. Ihre Side-Events sind viel fröh­lich­er und beschwingter als die wüten­den Angriffe auf den Kap­i­tal­is­mus bei den klas­sis­chen CBD-Teil­nehmern.

Konflikte und Kontraste

Wie passt dazu nun die UN-Strate­gie in Bezug auf Biotech­nolo­gie, Gen­tech­nik, syn­thetis­che Biolo­gie und neue Tech­nolo­gien? Bei diesen The­men wurde auf der COP16 zumeist ein offen­er Kampf zwis­chen der klas­sis­chen CBD-Agen­da und dem neuen CBD 4.0‑Ansatz aus­ge­tra­gen.

Da ist zunächst ein­mal das klas­sis­che Carta­ge­na-Pro­tokoll zur Biosicher­heit. Mit seinem Fokus auf Vor­sorge, Risiko und Reg­ulierung lässt es die Indus­trie und die Davos-ähn­liche CBD 4.0- Szene kalt. Am lieb­sten würde sie es von der Tage­sor­d­nung stre­ichen. Ein zwis­chen den Kon­feren­zen stat­tfind­en­der Prozess zur Entwick­lung von Leitlin­ien für die Risikobe­w­er­tung von Gene Dri­ves (sich selb­st aus­bre­i­t­ende gen­tech­nisch verän­derte Organ­is­men) wurde erfol­gre­ich von Wis­senschaftlern aus der Indus­trie gekapert, die die ursprünglichen Empfehlun­gen zur biol­o­gis­chen Sicher­heit in Rich­tung eines abge­speck­ten (weniger vor­sor­gen­den) Ver­fahrens umfor­mulierten.

Die Natio­nen, die der Biotech- und Agrarindus­trie beson­ders nah­este­hen (eine Gruppe mit dem Akro­nym CANJAB – für Kana­da, Aus­tralien, Neusee­land, Japan, Argen­tinien und Brasilien — obwohl Großbri­tan­nien auch dabei ist), feierten diese Schwächung der Vor­sorge auf der COP16 und set­zten dann die Bestel­lung ein­er sehr beschränk­te Experten­gruppe durch, die mögliche Ideen und Vorschläge für weit­ere Leitlin­ien vorschla­gen und so die eigentliche Arbeit für weit­ere zwei Jahre ver­hin­dern sollte. Eine frühere Abmachung, Leitlin­ien zur Risikobe­w­er­tung für die Freiset­zung von gen­tech­nisch verän­derten Fis­chen in Auf­trag zu geben, wurde auf Eis gelegt.

Zur gle­ichen Zeit startete das „Com­pli­ance Com­mit­tee“, der Auss­chuss zur Über­prü­fung der Ein­hal­tung des Carta­ge­na-Pro­tokolls, einen Ver­such, die Ver­tragsparteien zu der öffentlichen Fest­stel­lung zu bewe­gen, dass sämtliche gen­tech­nisch verän­derten Nutzpflanzen im Rah­men des Pro­tokolls rechtlich als „lebende verän­derte Organ­is­men“ („Liv­ing mod­i­fied organ­isms“ im Carta­ge­na-Slang, ana­log zu GMOs) zu betra­cht­en sind und nicht von der Reg­ulierung ausgenom­men wer­den soll­ten. CANJAB war dazu nicht bere­it. weil ihnen die Dereg­ulierung gen­tech­nisch verän­dert­er Pflanzen, die in den ver­schiede­nen Län­dern bere­its unter­schiedlich fort­geschrit­ten ist, ein wichtiges Anliegen ist. Stattdessen set­zten sie einen Kom­pro­mis­s­text durch, der jede weit­ere Diskus­sion über diesen unbe­que­men Punkt um weit­ere zwei Jahre hin­auszögert. Bis dahin kön­nten dann nationale und regionale Dereg­ulierungspläne für Gen-Edi­tierung bere­its umge­set­zt sein.

DNA — Wem gehört sie und wer zahlt dafür?

Bei den bei­den verbleiben­den großen „Biotech“-Themen auf der COP16 wurde der Kampf zwis­chen dem klas­sis­chen CBD-Ansatz und der neuen CBD 4.0‑Agenda am deut­lich­sten spür­bar.

Zum einen geht es um DSI (Dig­i­tal Sequence Infor­ma­tion) — also dig­i­tale Ver­sio­nen von DNA-Code, die zu Mil­lio­nen in Cloud-Daten­banken gespe­ichert sind und zum Trainieren kom­merzieller KI-Mod­elle ver­wen­det wer­den. Der klas­sis­che Ansatz der CBD zu diesem The­ma hieß ABS (Access and Ben­e­fit Shar­ing). Er hat­te einige Prob­leme, war aber zumin­d­est in erster Lin­ie durch die Sorge um Biopi­ra­terie motiviert. Das Nagoya-Pro­tokoll sieht vor, dass Unternehmen, die genetis­ches Mate­r­i­al (z. B. Saatgut oder DNA) zur kom­merziellen Nutzung über die Gren­zen brin­gen, eine Entschädi­gung an die ursprünglichen Ver­wal­ter, sprich lokale Gemein­den und deren Staat­en zahlen müssen.

Seit jedoch Gene und Sequen­zen dig­i­tal­isiert und per E‑Mail versendet wer­den, ist diese Regelung über­holt — ein neuer Mech­a­nis­mus muss her. Hier kommt CBD 4.0 ins Spiel.

Anstatt sicherzustellen, dass dig­i­tale DNA-Sequen­zen nachver­fol­gt wer­den kön­nen, um die Ein­hal­tung des ABS zu gewährleis­ten, ist die neolib­erale Antwort, einen großen (möglichst frei­willi­gen) mul­ti­lat­eralen Fonds einzuricht­en, an den die Nutzer dig­i­taler Sequen­zen wie Pharma‑, KI- und Biotech-Unternehmen ein paar Groschen spenden kön­nen. Dieser Fonds wird entwed­er an indi­gene Gemein­schaften gehen oder in irgen­dein­er Mis­chform den „Geld für Natur“- Bud­getlin­ien zugeschla­gen wer­den, die die CBD 4.0‑Gemeinde so wichtig sind. Das Geld kön­nte auf diese Weise als „nicht-mon­etär­er Nutzen“ sog­ar in Tech­nolo­gi­etrans­fer oder Biotech­nolo­gie-Train­ing fließen.

In Cali saßen Hun­derte von Delegierten jeden Tag stun­den­lang — manch­mal sog­ar Tag und Nacht — zusam­men, um die Details dieses neuen mul­ti­lat­eralen Fonds und Mech­a­nis­mus auszuhan­deln. Alle schienen beseelt von der Vorstel­lung, dass in diesem Fonds tat­säch­lich ein wenig Geld zu find­en sein würde. In dieser Aufre­gung ent­fer­n­ten sich die Ver­hand­lun­gen immer weit­er von Fra­gen der Gerechtigkeit, des Zugangs und des Vorteil­saus­gle­ichs. Alles konzen­tri­erte sich stattdessen auf die Frage, wer es ver­mei­den kann, in den Fonds einzuzahlen, und wer sich in die Schlange stellen kann, um Geld aus ihm zu erhal­ten.

Den Horizont absuchen, ohne ihn zu sehen

Am Schärf­sten war der Stre­it beim Tage­sor­d­nungspunkt „Syn­thetis­che Biolo­gie“.

In der CBD beze­ich­net „syn­thetis­che Biolo­gie“ alle neuen Entwick­lun­gen in der Gen­tech­nik — wie etwa syn­thetis­che Organ­is­men, Gen-Edit­ing, Gene Dri­ves, RNAI-Sprays und mehr. Syn­thetis­che Biolo­gie (oder Syn­bio) ist seit 15 Jahren ein klas­sis­ches CBD-The­ma, bei dem es um Vor­sorge, Reg­ulierung und Auf­sicht geht. In all den Jahren argu­men­tierte die Indus­trie, Syn­bio erfülle gar nicht die tech­nis­chen Kri­te­rien für ein „neues und aufk­om­mendes The­ma“ (tut sie aber).

Bei der COP15 in Mon­tre­al 2022 führten die Ver­tragsparteien ein bahn­brechen­des Ver­fahren zur Früherken­nung, Beobach­tung und Bew­er­tung der jüng­sten tech­nol­o­gis­chen Entwick­lun­gen ein, mit dem neue Her­aus­forderun­gen und Bedro­hun­gen frühzeit­ig ermit­telt und für eine Bew­er­tung und poli­tis­che Maß­nah­men erschlossen wer­den sollen.

Dieser Prozess war eine neuar­tige Konkretisierung des Vor­sorgeprinzips, und die Indus­trie wehrte sich mit Hän­den und Füßen gegen seine Ein­führung (und ver­lor). Danach arbeit­ete eine mul­ti­diszi­plinäre Experten­gruppe zwei Jahre lang uner­müdlich an der detail­lierten Aus­gestal­tung des Prozess­es und führte dann eine erste Runde der Früherken­nung und ‑bew­er­tung durch. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass die CBD fünf Bere­iche genauer unter die Lupe nehmen müsse, darunter Gene Dri­ves, kün­stliche Intel­li­genz und sich selb­st ver­bre­i­t­ende virale Impf­stoffe für Wildtiere.

Anstatt diese Empfehlun­gen umzuset­zen, beschimpften und verunglimpften CANJAB und das Vere­inigte Kön­i­gre­ich die Arbeit dieser Experten­gruppe und erzwan­gen in den Ver­hand­lun­gen einen Schwenk zur CBD 4.0‑Agenda.

Durch die Ein­führung eines „the­ma­tis­chen Aktion­s­plans“ für Kapaz­ität­sauf­bau und Tech­nolo­gi­etrans­fer schnürten CANJAB und Großbri­tan­nien stattdessen ein Paket zur Förderung der syn­thetis­chen Biolo­gie, in dem die Biotech­nolo­gie als Quelle glänzen­der „inno­v­a­tiv­er Lösun­gen“ (Tech­nofix­es) präsen­tiert wird, die den Zie­len des Glob­alen Bio­di­ver­sität­srah­mens von 2022 (KMGBF) dienen und somit förder­fähig wären.

Bei den neuen Finanzierungstöpfen der DSI und des Glob­alen Bio­di­ver­sitäts-Rah­men­fonds, die im Zuge der Umset­zung des KMGBF ein­gerichtet wur­den — brachte die CAN­JAB-Gruppe die Regierun­gen Afrikas und ander­er Län­der des Südens auf ihre Seite, indem sie all­ge­mein Gelder für den Kapaz­ität­sauf­bau und den möglichen Trans­fer neuer Syn­bio-Tech­nolo­gien in ihre Volk­swirtschaften ver­sprach.

Das Ver­fahren zur Früherken­nung, Beobach­tung und Bew­er­tung neuer tech­nol­o­gis­ch­er Entwick­lun­gen stand unter­dessen auf der Kippe. Die CAN­JAB-Ver­hand­lungs­führer drängten gar auf seine formelle „Abschaf­fung“, ein bis dahin unbekan­nter Schritt.

Glück­licher­weise bestanden Europa und einige afrikanis­che und mit­te­lamerikanis­che Län­der (z.B. Ägypten, Guatemala) darauf, Reste der klas­sis­chen CBD-Agen­da der Vor­sorge und Überwachung zu schützen.

Als Kom­pro­miss wird nun eine weit­ere, tech­nikzen­tri­erte Experten­gruppe ein­berufen, um erneut den Hor­i­zont abzusuchen und Empfehlun­gen für die Bew­er­tung neuer tech­nol­o­gis­ch­er Entwick­lun­gen abzugeben. Auch wenn der Prozess gerettet wurde — und wahrschein­lich nüt­zlich­es Wis­sen gener­ieren wird – sollte man sich keinen Illu­sio­nen hingeben. CANJAB und das Vere­inigte Kön­i­gre­ich wer­den von nun an alle zwei Jahre echte Entschei­dun­gen oder Bew­er­tun­gen block­ieren, während sie gle­ichzeit­ig das Förder­paket für die Syn­bio-Indus­trie erweit­ern. Das wird zunehmend mit den größeren wirtschaftlichen Strö­mungen har­monieren, die sich in der „blauen Zone“ abze­ich­nen.

Süßes oder Saures?

Die Ver­hand­lun­gen waren span­nend, doch was wirk­lich ins Auge stach, waren die speku­la­tiv­en Tech­nolo­gien und radikalen Finanzial­isierungsmod­elle, die bei den Begleitver­anstal­tun­gen und an den Ausstel­lungsstän­den zu sehen waren. In ein­er pom­pösen Präsen­ta­tion von XPRIZE Rain­for­est (einem mit 10 Mil­lio­nen Dol­lar dotierten Fün­f­jahreswet­tbe­werb “zur Verbesserung des Ver­ständ­niss­es der Ökosys­teme des Regen­waldes“) beispiel­sweise wur­den Macho-Forscherteams mit einem Schwarm von Drohnen, Robot­ern, genomis­chen Son­den, akustis­chen Sen­soren und Gesicht­serken­nungskam­eras vorgestellt, die eine umfassende Echtzeit-KI-Kon­trolle und Überwachung indi­gen­er Gebi­ete durch­führen, um neue Bio­di­ver­sität­skred­ite für die Finanzmärk­te zu sich­ern.

Die Entwick­ler von Gene Dri­ves war­ben für manip­ulierte Rat­ten und Mück­en  als neue Anwen­dun­gen in ihrer expan­siv­en Gen­tech-Bib­lio­thek. Pri­vatun­ternehmen boten an, Gemein­den dafür zu bezahlen, dass sie kon­tinuier­lich Boden‑, Wass­er- und Luft­proben für genomis­che Sequen­zierun­gen sam­meln, um ihre „gen­er­a­tiv­en Biologie“-Plattformen zu füt­tern, mit deren Hil­fe sie neuar­tige, KI-gener­ierte Pro­teine an Proc­tor & Gam­ble verkaufen wollen.

Während Hal­loween näher rück­te, bot eine schau­rige Parade von mit „Natur“-Masken verklei­de­ten Tech-Brüdern, Start-ups, Banken und Han­del­skonz­er­nen die Wieder­her­stel­lung von Ökosys­te­men, Kom­pen­sa­tion­szahlun­gen für biol­o­gis­che Vielfalt, e‑DNA und mehr feil, während ver­wirrte nationale Delegierte sich tief auf dem unbekan­ntem tech­no-utopis­chem Gelände verir­rten.

Glück­licher­weise hat­ten zumin­d­est einige, unter Beschwörung der alten Geis­ter der klas­sis­chen CBD, noch den Willen und die Fähigkeit zu fra­gen, ob diese schick­en neuen Hal­loween-Süßigkeit­en, die da ange­boten wur­den, nicht in Wirk­lichkeit doch eher aus dem Topf für Saures stam­men.

Jim Thomas ist Aktivist, Autor, Forsch­er und Stratege, der neue Trends, aufk­om­mende Zukun­ftsszenar­ien und inter­es­sante Entwick­lun­gen am poli­tis­chen Hor­i­zont in den Bere­ichen Tech­nolo­gie, biol­o­gis­che Vielfalt, Lebens­mit­tel und Gerechtigkeit ver­fol­gt. Er war im Auf­trag von „Save Our Seeds“ an den Ver­hand­lun­gen in Cali und deren Vor­bere­itung beteiligt. Der Orig­i­nalar­tikel erschien unter dem Titel „ A Tale of Two CBDs – Trick or Treat at COP16” in A big­ger Con­ver­sa­tion Besuchen Sie seinen Blog Scan the Hori­zon für weit­ere Analy­sen und Links zum The­ma.

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