IUCN setzt auf Gentechnik in der Natur statt auf Vorsorge

Knappes Votum offen­bart Spal­tung inner­halb der IUCN-Mit­glied­schaft

Abu Dhabi, 15. Okto­ber 2025 – In ein­er mit Span­nung erwarteten, äußerst beden­klichen Entschei­dung haben die Mit­glieder der Welt­naturschutzu­nion IUCN stillschweigend den Ein­satz von Gen­tech­nik im Naturschutz gebil­ligt – obwohl es dafür wed­er aus­re­ichende wis­senschaftliche Grund­la­gen noch wirk­same Sicher­heitsvorschriften gibt.

Mit der Ablehnung eines Mora­to­ri­ums für die Freiset­zung gen­tech­nisch verän­dert­er Wildor­gan­is­men in die Natur nimmt die IUCN den fehlen­den Schutz vor irre­versiblen Schä­den grund­sät­zlich in Kauf. Tech­nolo­gien wie Gene Dri­ves kön­nen Arten dauer­haft verän­dern oder aus­rot­ten und dadurch Ket­ten­reak­tio­nen in ganzen Ökosys­te­men aus­lösen.

Die Entschei­dung fiel denkbar knapp aus. Für die Annahme des Antrags war eine Mehrheit sowohl bei den Regierun­gen als auch bei den Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen erforder­lich. Bei den Regierun­gen fehlte dazu eine einzige Stimme (87 dafür, 88 dage­gen). Unter den Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen hinge­gen erzielte der Antrag eine deut­liche Mehrheit (407 dafür, 323 dage­gen).

Franziska Achter­berg, Lei­t­erin Poli­tik bei Save Our Seeds:

Offen­bar set­zen viele IUCN-Mit­glieder auf Risikotech­nolo­gien mit ungewis­sem Aus­gang. Doch die Natur kann sich solche Exper­i­mente mit poten­ziell schw­er­wiegen­den und irre­versiblen Fol­gen nicht leis­ten. Bewährte Naturschutz­maß­nah­men müssen Vor­rang vor gen­tech­nis­chen Ein­grif­f­en haben.

Über 100 Wissenschaftler*innen – darunter viele Mitwirk­ende der Inter­gov­ern­men­tal Sci­ence-Pol­i­cy Plat­form on Bio­di­ver­si­ty and Ecosys­tem Ser­vices (IPBES) – hat­ten eben­falls zur Vor­sicht gemah­nt. In einem offe­nen Brief, der vor der Abstim­mung veröf­fentlicht wurde, warn­ten sie davor, dass die Freiset­zung gen­tech­nisch verän­dert­er Organ­is­men in Ökosys­teme zu irre­versiblen ökol­o­gis­chen Störun­gen führen kann.

Dr Joann Sy, wis­senschaftliche Bera­terin bei POLLINIS, dem Haupt­spon­sor des Antrags:

Ist die gen­tech­nis­che Verän­derung von Wildarten wirk­lich mit dem Ziel der IUCN vere­in­bar, die Integrität und Vielfalt der Natur zu schützen? Eine tech­nis­che Einzelfall­prü­fung der vorgeschla­ge­nen Tech­nolo­gien wird diesen tiefer liegen­den ethis­chen und ökol­o­gis­chen Fra­gen nicht gerecht.

Mal­ick Shah­baz Ahmed, Geschäfts­führer der pak­istanis­chen Sun­gi Devel­op­ment Foun­da­tion und Mitini­tia­tor des Antrags:

Es ist besorgnis­er­re­gend, dass es eini­gen weni­gen finanzs­tarken Tech­nolo­gieen­twick­lern gelun­gen ist, die Agen­da der IUCN zu bee­in­flussen. Die meis­ten Mit­glieder ste­hen der Gen­tech­nik im Naturschutz eher ablehnend gegenüber. Den­noch hat die Organ­i­sa­tion als Ganze ver­säumt, sich von solchen Risikotech­nolo­gien zu dis­tanzieren. Entschei­dun­gen über neue Tech­nolo­gien, die die Natur gefährden kön­nten, müssen von Vor­sorge, Integrität und den Stim­men der Schwäch­sten geleit­et sein

ENDE

Über Save Our Seeds

Save Our Seeds ist eine Kam­pagne der Zukun­ftss­tiftung Land­wirtschaft. Seit 2002 set­zt sie sich erfol­gre­ich gegen die Kon­t­a­m­i­na­tion von Saatgut mit Gen­tech­nik auf nationaler und EU-Ebene ein und betreibt unter anderem auch die Kam­pagne „Stop Gene Dri­ves“. Die Zukun­ftss­tiftung ist Mit­glied des Deutschen Naturschutzrings (DNR), einem Mitini­tia­tor des Mora­to­ri­um­santrags.

Über POLLINIS

POLLINIS ist eine unab­hängige Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tion, die sich für den Schutz von Haus- und Wild­bi­enen ein­set­zt sowie für eine Land­wirtschaft, die alle Bestäu­ber respek­tiert. Die 2012 gegrün­dete gemein­nützige Organ­i­sa­tion zählt inzwis­chen über 1,3 Mil­lio­nen Unter­stützer in ganz Europa und mehr als 20.000 Spender. POLLINIS wird auss­chließlich durch pri­vate Spenden finanziert, was ihre volle Unab­hängigkeit garantiert. Sie ist Haupt­spon­sor des Antrags 133 für ein Mora­to­ri­um für gen­tech­nisch verän­derte Wildarten in natür­lichen Ökosys­te­men.

Über die Sun­gi Devel­op­ment Foun­da­tion

Die Sun­gi Devel­op­ment Foun­da­tion in Pak­istan ist eine gemein­schafts­ges­teuerte Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tion, die sich für Kli­maschutz­maß­nah­men ein­set­zt. Sie stärkt gefährdete Gemein,durch Aus­bau ihrer Kapaz­itäten in den Bere­ichen natur­basierte Lösun­gen, Erhalt der biol­o­gis­chen Vielfalt, indi­gene Land­wirtschaft und soziale Forstwirtschaft.

Hin­weise für Redak­tio­nen:

  • Es gibt mehr und mehr Vorschläge, die Natur gen­tech­nisch zu verän­dern – nicht nur domes­tizierte Nutzpflanzen und Nutztiere, son­dern auch Wildarten in kom­plex­en Ökosys­te­men. Die Ideen reichen von der Aus­rot­tung von Mück­en­pop­u­la­tio­nen und inva­siv­en Arten (wie Mäusen, Kan­inchen oder Sch­neck­en) mit­tels Gene Dri­ves über die Stärkung der Wider­stands­fähigkeit gefährde­ter Tiere gegen Krankheit­en bis hin zur ‚Wieder­bele­bung‘ aus­gestor­ben­er Arten wie dem Mam­mut oder dem Schat­ten­wolf.
  • Der abgelehnte Antrag 133 fordert die IUCN-Mit­glieder auf, die Freiset­zung gen­tech­nisch verän­dert­er Wildor­gan­is­men oder Gen-Silenc­ing-Tech­nolo­gien nicht in Betra­cht zu ziehen, bis der IUCN-Welt­naturschutzkongress diese Entschei­dung wieder aufhebt.
  • Der angenommene Antrag 087 befür­wortet eine Einzelfall­prü­fung für jede Anwen­dung der syn­thetis­chen Biolo­gie, ohne die unter­schiedlichen Risiko­pro­file aus­re­ichend zu berück­sichti­gen.
  • Über 100 Wis­senschaftler haben einen offe­nen Brief unterze­ich­net, in dem sie die Forderung nach ein­er vor­sor­glichen Pause unter­stützen. Der Brief ist hier ver­füg­bar.

Weit­ere Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen:

Medi­enkon­tak­te:

Franziska Achter­berg, Lei­t­erin Poli­tik, Save Our Seeds, , +32 498 362403

Maria Ele­na De Mat­teo, Kom­mu­nika­tion­sex­per­tin, +82 10 68 35 59 66,

Helene Angot, Kom­mu­nika­tions­beauf­tragte, Polli­nis +33 6 12 84 06 97,  

Mal­ick Shah­baz Ahmed, Geschäfts­führer der Sun­gi Devel­op­ment Foun­da­tion, , +92 300 5556324

to top