Gentechnik-Deregulierung – Minister:innen beugen sich dem Druck der Lobby

Brüs­sel, 14. März 2025 – Der Min­is­ter­rat der EU hat sich heute auf eine Posi­tion zur Dereg­ulierung von Gen­tech­nik-Pflanzen geeinigt. Im Auss­chuss der Ständi­gen Vertreter (AStV) kon­nte der pol­nis­che EU-Vor­sitz eine hauchdünne Mehrheit für seinen Vorschlag vom 19. Feb­ru­ar gewin­nen.

Die EU-Kom­mis­sion hat­te im Juli 2023 vorgeschla­gen, die meis­ten Pflanzen, die mit neuen gen­tech­nis­chen Ver­fahren wie CRISPR/Cas hergestellt wer­den, vom EU-Gen­tech­nikrecht auszunehmen. Risiko­prü­fung, Kennze­ich­nung und Rück­ver­fol­gbarkeit sollen für diese gen­tech­nisch verän­derten Organ­is­men kün­ftig weg­fall­en. Nur das Saatgut soll ein Etikett „Kat. 1 NGT“ tra­gen.

Der Min­is­ter­rat fol­gt nach inten­siv­en Ver­hand­lun­gen diesem Vorschlag mit weni­gen uner­he­blichen Änderun­gen. Damit tritt das EU-Geset­zesver­fahren in eine neue Phase. Die Trilogver­hand­lun­gen zwis­chen Rat, Par­la­ment und Kom­mis­sion kön­nen bald begin­nen.

Das EU-Par­la­ment hat­te allerd­ings im Feb­ru­ar 2024 für eine Kennze­ich­nung und Rück­ver­fol­gbarkeit der neuen Gen­tech­nikpro­duk­te ges­timmt und ein umfassendes Ver­bot von Paten­ten gefordert. Par­la­ment und Min­is­ter­rat müssen sich jet­zt auf einen gemein­samen Text ver­ständi­gen. Am Schluss stim­men bei­de Insti­tu­tio­nen noch ein­mal darüber ab.

Zulet­zt hat­ten über 200 Agrar- und Umweltver­bände gegen die Gen­tech­nik-Dereg­ulierung protestiert.

Franziska Achter­berg, Lei­t­erin Poli­tik bei Save Our Seeds, kom­men­tiert:

Nun sind offen­bar auch die Minister:innen unter dem Druck der glob­al agieren­den Gen­tech­nik-Konz­erne eingeknickt. Damit set­zen sie den Anbau von gen­tech­nikfreien Nahrungsmit­teln, ein­schließlich des Bioan­baus, unter mas­siv­en Druck. Den Verbraucher:innen wollen sie die Wahl­frei­heit nehmen, sich für gen­tech­nikfreie Lebens­mit­tel zu entschei­den.

Dieses Gesetz ken­nt nur einen Gewin­ner, aber viele Ver­lier­er. Es stärkt die Mark­t­macht der Konz­erne und beschnei­det die Rechte der Verbraucher:innen. Der Verzicht auf Risiko­prü­fung, Rück­ver­fol­gbarkeit und Rück­hol­barkeit erhöht zudem die Gefahren für Natur und Gesund­heit erhe­blich. Aus­gerech­net in dem Moment, in dem der Ein­satz kün­stlich­er Intel­li­genz in der Gen­tech­nik deren Möglichkeit­en und Gefahren deut­lich erweit­ert, wer­fen die Minister:innen jegliche Kon­trolle über Bord.
[1,2]

Die Bun­desregierung hat heute, zusam­men mit 7 weit­eren Län­dern, die Rat­spo­si­tion nicht unter­stützt [3].

Achter­berg weit­er:

Auch die zukün­ftige Bun­desregierung darf eine solche Dereg­ulierung nicht mit­tra­gen. SPD, CDU und CSU müssen dem Druck der Lob­by stand­hal­ten, um die gen­tech­nikfreie Pro­duk­tion in der biol­o­gis­chen und kon­ven­tionellen Land­wirtschaft zu sich­ern. Die SPD hat sich klar dazu bekan­nt. Sie wird an ihren Ver­sprechen gemessen wer­den. [4]

Rück­fra­gen: Franziska Achter­berg – Lei­t­erin Poli­tik und Inter­essen­vertre­tung, +32 498 362403,

Save Our Seeds ist eine Kam­pagne der Zukun­ftss­tiftung Land­wirtschaft. Seit 2002 set­zt sie sich erfol­gre­ich gegen die Kon­t­a­m­i­na­tion von Saatgut mit Gen­tech­nik auf nationaler und EU-Ebene ein und betreibt unter anderem auch die Kam­pagne Stop Gene Dri­ves.

Hin­weise für Redak­tio­nen:

[1] Ein­er Ende 2024 veröf­fentlicht­en Unter­suchung zufolge wollen 94 Prozent der Erwach­se­nen in Deutsch­land eine Kennze­ich­nung auch für Lebens­mit­tel aus soge­nan­nten „neuen genomis­chen Tech­niken“. In ein­er europaweit­en Umfrage aus dem Jahr 2021 woll­ten 68 Prozent der Befragten eine solche Kennze­ich­nung.

[2] Ein kür­zlich veröf­fentlichter Bericht von Save Our Seeds zeigt, dass die Kom­bi­na­tion von gen­er­a­tiv­er KI und CRISPR/Cas die Schwächen der Gen­tech­nik – wie unbe­ab­sichtigte Neben­ef­fek­te – mit den bekan­nten Män­geln der gen­er­a­tiv­en KI vere­int, darunter den „Black-Box“-Effekt, Hal­luz­i­na­tio­nen und Daten­verz­er­run­gen.

[3] Nicht zuges­timmt haben Bul­gar­ien, Deutsch­land, Kroa­t­ien, Öster­re­ich, Rumänien, Slowakei, Slowe­nien und Ungarn.

[4] Die SPD hat sich vor der Wahl expliz­it für Kennze­ich­nung, Rück­ver­fol­gbarkeit und Risiko­prü­fung der neuen Gen­tech­nik aus­ge­sprochen.

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