Gentechnik-Design: Schnell, einfach, umweltgefährdend

Was braucht es, um eine Gentechnik-Pflanze zu entwerfen, die ohne Risikoprüfung oder Kennzeichnung freigesetzt werden kann? Nicht viel, wie Experten von Testbiotech und der Aurelia Stiftung gezeigt haben. Ihr Experiment macht deutlich, dass das geplante EU-Gesetz zu neuen gentechnischen Verfahren (NGT) unzureichend ist, um die Umwelt vor ernsthaften Schäden zu schützen. 

Spielplatz Gentechnik: mal Entwickler sein

Experten von Testbiotech und der Aurelia Stiftung haben mithilfe der Deep Research-Funktion von ChatGPT 4o eine gentechnisch veränderte Pflanze designt, die hohe Mengen an insektengiftigen Proteinen produziert und gleichzeitig in die NGT1-Kategorie des EU-Vorschlags zu Pflanzen aus neuen gentechnischen Verfahren (NGT) fällt.

In mehreren Schritten schlug ihnen ChatGPT verschiedene CRISPR/Cas-Eingriffe in Maispflanzen vor, die die Produktion eines pflanzeneigenen Insektengifts steigern und verstetigen würden. Insekten, die sich von dem Gentechnik-Mais ernähren – insbesondere Schmetterlinge – könnten nicht mehr richtig verdauen und würden verhungern. Dies beträfe nicht nur Schädlinge wie den Maiszünsler, sondern auch andere Schmetterlingsarten. Ökosysteme, Nahrungsnetze und die biologische Vielfalt würden gefährdet.

Dass diese Pflanzen durch konventionelle Züchtung entstehen könnten, ist höchst unwahrscheinlich. Einem EU-Gesetzesvorschlag zufolge könnten sie dennoch ohne eine vorhergehende Prüfung der potenziellen Umweltrisiken in die Umwelt freigesetzt werden.

Die Personen, die dieses Experiment durchgeführt haben, sind keine Gentechnik-Entwickler. Ohne die Hilfe der KI wären sie nicht in der Lage gewesen, einen solchen Bauplan für Gentechnik-Pflanzen zu entwerfen.

„Wir sind überrascht, wie leicht das geht. Zwar muss man dazu in der Lage sein, ChatGPT auf Fehler hinzuweisen, aber für Firmen, die mit spezieller KI ihre NGT-Pflanzen designen wollen, gibt es hier kaum noch Grenzen,“ sagt Matthias Juhas, Molekularbiologe bei Testbiotech, der die Pflanzen mit Hilfe der KI entworfen hat. „Es ist zu erwarten, dass die Firmen ihre Programme gezielt danach ausrichten werden, jegliche Risikoprüfung und Kennzeichnung zu vermeiden.“

„Vielleicht könnten solche Gentechnik-Pflanzen auch ohne KI entwickelt werden. Aber die generative KI macht es viel einfacher und schneller, solche Pflanzen zu entwerfen – und zwar gezielt so, dass sie die Gentechnik-Vorschriften der EU umgehen.“, kommentiert Bernd Rodekohr, Fachreferent bei der Aurelia-Stiftung. 

EU-Gesetzesvorschlag untauglich

Wie unser Bericht „Wenn Chatbots neue Sorten züchten“ eindrücklich zeigt, hat der Einsatz generativer KI in der Gentechnik rapide zugenommen. Doch in ihrem Vorschlag zur Gentechnik-Deregulierung hat die EU-Kommission die Möglichkeiten und Risiken von KI-basierter Gentechnik völlig ausgeblendet.

Sollte das Gesetz in der vorgeschlagenen Form verabschiedet werden, könnten Entwickler:innen schnell und einfach Gentechnik-Pflanzen erzeugen, die mittels konventioneller Züchtung nicht entstehen könnten, und die dennoch ohne Risikoprüfung oder Kennzeichnung auf den Markt kommen könnten. Mögliche Bedrohungen unserer Umwelt würde die EU schweigend in Kauf nehmen.

Save Our Seeds fordert die EU-Politiker:innen auf, das vorgeschlagene Gesetz zurückweisen. Jegliche neuen Gesetze müssen den Stand der Technologie widerspiegeln und unsere geschwächten Ökosysteme wirksam vor neuen Gefahren schützen.

Bild ©Pixabay

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