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18.04.2018 |

Starke UN-Erklärung für die Rechte von Kleinbauern gefordert

Rechte
Mehr Rechte für Kleinbauern: auf dem Papier und in der Praxis (Foto: CC0)

Auch dieses Jahr stand der internationale Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes am 17. April wieder ganz im Zeichen der Rechte von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Rund um den Globus fanden Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen statt, bei denen Bauernorganisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen auf die Probleme von Kleinbauern und Landlosen aufmerksam machten. Während die einen auf die Straße gingen, verhandelte in Genf eine Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrats vom 9. bis 13. April eine Erklärung für die Rechte von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten. Seit 2012 wird daran schon gearbeitet und gefeilt, nun ging es in die fünfte und letzte Verhandlungsrunde. Im Juni 2018 soll das Endergebnis dem UN-Menschenrechtsrat zur Annahme vorgelegt werden. Mit der Rolle der EU und Deutschlands in diesem Prozess nicht unbedingt zufrieden zeigte sich ein Bündnis deutscher NGOs, zu dem unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland oder das entwicklungspolitische INKOTA-Netzwerk gehören. Sie werfen der EU und Deutschland vor, die Erklärung zu torpedieren und zu verwässern.

„Leider hat sich die Bundesregierung nicht direkt in die Verhandlungen eingebracht, sondern hat sich von der EU vertreten lassen. Diese brachte vor allem Vorschläge ein, die die Wirkkraft der Erklärung schwächen würden“, kritisiert FIAN-Referentin Gertrud Falk, die die Verhandlungen beobachtete. Die EU weigere sich bisher, grundlegende Rechte von Kleinbauern anzuerkennen, wie zum Beispiel das Recht auf Saatgut, das Recht auf Land oder auf eine gesunde Umwelt, obwohl diese Rechte Voraussetzung für die Verwirklichung anderer Menschenrechte dieser Bevölkerungsgruppe seien. Der bisherige 14 Seiten und 28 Artikel umfassende Textentwurf sieht zum Beispiel in Artikel 21 das Recht auf Wasser vor. Hier etwa wollte die EU erreichen, dass der Titel in „Zugang zu Wasser“ abgeändert wird, um den rechtlichen Aspekt herauszunehmen, berichtet Falk: Das Recht auf Wasser ist viel umfassender als allein der Zugang, sagte sie gegenüber dem Deutschlandfunk: „Es geht dabei darum, dass Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und Kleinfischer und Kleinfischerinnen vor allen Dingen natürlich auch ihre Wasserressourcen pflegen dürfen, ihre gemeinschaftlichen Nutzungsweisen daran weiter kultivieren dürfen und ausüben können, und dass Wasserressourcen wie Quellen, aber auch die Seen und Bachläufe nicht privatisiert werden, wie das leider zunehmend der Fall ist, da große Konzerne versuchen, diese Ressourcen zu privatisieren und dann für ihren alleinigen Profit zu nutzen.“

Ebenfalls ein Dorn im Auge seien der EU kollektive Rechte. Doch Kleinbauern leben und arbeiten in vielen Regionen der Welt als Gemeinschaft und pflegen auch die natürlichen Ressourcen gemeinsam. „Rechte werden ihnen oft als Gemeinschaft streitig gemacht und müssen deshalb auch als gemeinschaftliche Rechte geschützt werden“, fordert Falk. Ein weiterer strittiger Punkt ist ein Recht auf Saatgut. Bäuerin Paula Gioia, die für die AbL am Verhandlungstisch saß, erklärte dazu: „Wir Bauern und Bäuerinnen kultivieren seit Jahrtausenden Saatgut und garantieren damit eine Sortenvielfalt, die für nährstoffreiche Nahrungsmittel, biologische Vielfalt und Anpassungen an Klimaveränderungen sorgt.“ Die Agrarindustrie strebe hingegen überall auf der Welt die Vereinheitlichung von Landwirtschaft und Nahrungsmitteln an und übernehme zunehmend die Kontrolle über die landwirtschaftlichen Grundlagen wie Land, Wasser und Saatgut. „Unser Recht auf Ernährungssouveränität muss dagegen geschützt werden“, fordert Gioia. „Dazu braucht es dringend die Unterstützung auch der Bundesregierung und der EU für eine starke UN-Erklärung.“

Rechte auf dem Papier sind das eine und die Umsetzung in der Realität das andere. Dennoch ist Falk überzeugt von der Notwendigkeit des Papiers: „Diese Erklärung fasst bestehendes Völkerrecht, was Kleinbauern betrifft, zusammen und interpretiert es für ihre Bedürfnisse. Das heißt, es stärkt sehr stark das Rechtsbewusstsein, das Menschenrechtsbewusstsein dieser Gruppe, sodass sie wissen, sie können politisch diese Rechte einfordern. Die Rechte werden nicht einklagbar sein, aber die Staaten, die hinterher der Erklärung zustimmen, verpflichten sich damit politisch, diese Rechte auch umzusetzen“, sagte sie dem Deutschlandfunk. (ab)