Save Our Seeds

Saatgut ist die Grundlage unserer Ernährung. Es steht am Anfang und am Ende eines Pflanzenlebens. Die Vielfalt und freie Zugänglichkeit dieses Menschheitserbes zu erhalten, das von Generation zu Generation weitergegeben wird, ist die Aufgabe von Save Our Seeds.

Foto: Weizenkorn Triticum Karamyschevii Schwamlicum fotografiert von Ursula Schulz-Dornburg im Vavilov Institut zu St.Petersburg

2011

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Januar - „Wir haben es satt!“ – 22.000 Menschen sind nach Berlin gekommen, um gegen Gentechnik, Tierfabriken und Dumping-Exporte zu demonstrieren. Wir sind glücklich: Das übertrifft unsere kühnsten Erwartungen. Die Vorbereitungen haben sich gelohnt. Hier entsteht ein Bündnis für eine neue Agrarpolitik in der EU, das es bisher so noch nicht gegeben hat. „Meine Landwirtschaft“ wird von 50 Organisationen getragen.

www.meine-landwirtschaft.de geht online. Das SOS-Team hat drei Monate an der gemeinsamen Webseite gearbeitet. Bei der ersten Online-Aktion „Meine Wahl“ kann jeder seinen Steueranteil an der EU Agrarpolitik (100€) verteilen, wie er es für sinnvoll hält.

Februar - Auf der Biofach präsentiert Benedikt Haerlin (Leiter von Save Our Seeds) den Stand der Weltagrardebatte zum Hunger und spricht am Abend im Künstlerhaus K4 zur Frage „Gentechnik – was geht das uns an?“ Volker Gehrmann (Projektleiter Bantam) verteilt die ersten Bantam-Flyer für Bioläden. Simone Knorr und Karin Ehrle vom Informationsdienst Gentechnik verteilen gentechnikfreie Schokolade und gewinnen neue Mitherausgeber.

Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) und Johannes Remmel (NRW) bekennen sich bei der SOS-Aktion vor dem Bundesrat zu Saatgutreinheit und Nulltoleranz.

März - Der Agrarausschuss des Bundesrates schlägt auf Initiative von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg vor, durch „Verwaltungsvorschrift eine für alle Wirtschaftsbeteiligten praktikable technische Lösung für die Nulltoleranz bei Saatgut baldmöglichst zu definieren“. Wir sind alarmiert, schreiben einen Appell und organisieren gemeinsam mit Campact eine Unterschriften-Aktion, die die Ministerpräsidenten auffordert, gegen jede Aufweichung der Nulltoleranz im Saatgut zu stimmen. Keine Gentechnik durch die Hintertüre!

In weniger als drei Wochen unterschreiben über 65.000 Menschen unseren Appell. Gruppen in vielen Landeshauptstädten organisieren Aktionen und De-
monstrationen. Die Ministerpräsidenten geraten unter Druck, ausgerechnet im Wahlkampf.

Am 18. März (altes demokratisches Datum!) lehnt der Bundesrat nahezu ein-
stimmig die Attacke seines Agrarausschusses auf die Saatgutreinheit ab und fordert die Reinhaltung allen Saatguts von gentechnischen Verunreinigungen.
Ein großartiger Erfolg! Vielen Dank an alle, die sich beteiligt haben!
Weitere Informationen im Archiv

Am 19. März starten Katharina Wolfhard (Büromanagerin) und Regine Holloh (Meine Landwirtschaft) in Kassel das Auftakt-Seminar unserer Fortbildung „Gentechnik für Fortgeschrittene“. Die 30 MultiplikatorInnen werden bis Mai bei dem folgenden „Webinar“ jede Woche eine neue Kurseinheit im Internet absolvieren und diskutieren.

April - Die Aktion Bantam-Mais geht in ihre heiße Phase. 180.000 Flyer und Plakate sowie neues Saatgut, das wir mit unseren Freunden von „Sativa“ anbieten, werden im 4. Stock der Marienstraße verpackt und verschickt. Wir haben das Sortiment um Sonnenblumen, Kohlrabi, und Zucchini erweitert – alles Sorten bei denen samenfeste Arten mehr und mehr durch Hybride verdrängt werden. Der gentechnikfreie „Golden Bantam“, ein Zeichen gegen den seit zwei Jahren glücklicherweise verbotenen Anbau von Gentechnik-Mais, wächst auch dieses Jahr wieder in rund 50.000 Gärten und fast allen Landkreisen Deutschlands.

Mai - Abschluss-Treffen der Gentechnik-Fortbildung. 10 Wochen harte Arbeit und geballte Information liegen hinter den Teilnehmern. Gemeinsam haben sie Argumente und Dossiers erarbeitet, sich kennengelernt und fit gemacht für künftige Gentechnik-Debatten. Viele „alte Häsinnen und Hasen“ unter den Do-
zenten freuen sich, dass junge, neue Geister die Sache fortführen.

In Budapest stellt die EU-Kommission den Zukunftsbericht ihres Ausschusses für Agrarforschung vor. Er fordert eine radikale Wende der Agrarpolitik und –forschung: weg vom blinden Produktivismus der vergangenen Jahrzehnte hin zu neuer Genügsamkeit oder Suffizienz in der gesamten Lebensmittelkette. „Ein Schlag ins Gesicht der real existierenden Agrar- und Forschungspolitik der EU“, kommentiert Benedikt Haerlin (Leiter Save Our Seeds) auf der Konferenz in seiner Glückwunsch-Rede den SCAR-Bericht, der ein Meilenstein für die EU Agrarpolitik werden könnte. Die Beamten danken danach für die „offenen Worte“, die sie sich selbst leider nicht erlauben könnten.

Juni - „Angela wir müssen reden!“ – von Bayern, Friesland, Hessen und Rostock fahren junge Bauern und Bäuerinnen in einer Sternfahrt nach Berlin. Statt Industrialisierung fordern sie eine ökologische und bäuerliche Perspektive in der Landwirtschaft und Mut zum Umdenken. 50 Veranstaltungen haben sie auf ihren Wegen nach Berlin organisiert, haben Tierfabriken und Kirchentage be-
sucht und Videobotschaften an die Kanzlerin gesammelt, die eine andere Agrarpolitik fordern.

Nach der Demonstration vor dem Kanzleramt organisiert SOS den Empfang von 200 Landwirten im Haus der Kulturen der Welt. Der Leiter des Hauses, die Bundes-
stiftung Kultur und Künstlerinnen, die das Festival ÜberlebensKunst organisie-
ren, laden zu Bier und Stulle. Es werden Reden, Trikots, Transparente, Milch und Schnaps getauscht. Auf dem Dachgarten der „schwangeren Auster“ ertönen oberfränkische Bauernspottlieder zum Akkordeon.

Juli – Entgegen allen Vorhersagen nimmt das Europäische Parlament mit großer Mehrheit eine Stellungnahme für nationale Anbauverbote von Gentechniksorten an. Dafür hat SOS seit Monaten in Lobbygesprächen und mit öffentlichen Appellen gekämpft. An unserer Unterschriftenaktion an die deutschen Mitglieder des EP beteiligen sich fast 70.000 Menschen.

Hintergrund: Die EU-Kommission will künftig den Mitgliedsstaaten das letzte Wort darüber geben, ob GVOs auf ihrem Territorium angebaut werden oder nicht. Doch viele Regierungen, auch die deutsche, wollen so viel Entscheidungsfreiheit und Verantwortung gar nicht. Der Parlamentsbeschluss bietet jetzt eine gute Grundlage aus grundsätzlichen Umwelterwägungen den Anbau von Gentechnik zu verbieten. Weitere Informationen im Archiv

Wartungsarbeiten: Der neue Flyer von Save Our Seeds ist fertig.
Außerdem haben wir den Sommer über die englische Version der SOS-Webseite überarbeitet und auf den neusten Stand gebracht und eine neue Adressen-Datenbank eingerichtet.

August - Schlechte Nachrichten, unser zweiter „Kandidat“ für die Ausrichtung der nächsten Konferenz gentechnikfreier Regionen Europas (nach Ungarn nun auch Österreich) hat abgesagt. Es wird keine Konferenz 2011 geben. Jedoch beschließt nach Thüringen jetzt auch Nordrhein-Westfalen, dem Netzwerk gentechnikfreier Regionalregierungen beizutreten und lässt sich dabei von SOS beraten. Auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vereinbaren die neuen Regierungen einen Beitritt. Gute Aussichten für 2012.

September - Kassensturz und Bestürzung! Unser Budget für 2011 hat sich anders entwickelt als erhofft. Eine Stiftung fiel aus, ebenso die Konferenz gentechnikfreier Regionen.
Bantam und Weltagrarbericht waren teurer als geplant. Unsere intensive Arbeit an der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ bestreiten wir allein aus Bordmitteln. Wir stehen vor einem Finanzloch. Das Grundbudget von SOS (rund 180.000 €) und unsere Projekte müssen wir von Jahr zu Jahr durch Spenden von Einzelpersonen und Stiftungen decken. Wir verschicken einen Hilferuf: SOS für SOS!

Das Ergebnis bewegt uns: In fünf Wochen spenden Privatpersonen gut 20.000 €, verschiedene Stiftungen weitere 25.000 €. Dieser Beweis Ihrer Wertschät-
zung lässt uns wieder ruhiger schlafen und beflügelt weiterarbeiten. Schön solche Freunde zu haben. Danke! Wenn jetzt (Vorsicht - Zaunpfahl) der Spenden-
aufruf im Dezember so läuft wie 2010, schließen wir 2011 ohne Minus ab.

„Bauer hält Hof“ – 50 Diskussionsveranstaltungen auf dem Bauern-hof über die künftige Agrarpolitik der EU sind erst der Anfang.

Oktober - Die EU-Kommission präsentiert ihren Vorschlag für die Agrarreform 2014. Wir demonstrieren vor ihrer Berliner Vertretung unter den Linden. Gleichzeitig startet unsere Veranstaltungsreihe „Bauer hält Hof“. Mittlerweile haben die ersten 50 Debatten über die Agrarreform direkt auf Bauernhöfen stattgefunden. Konventionelle wie biologische Landwirte haben eingeladen und mit 30 bis 150 Besuchern aus der Umgebung über die Zukunft der EU-Agrar-
politik diskutiert. SOS lieferte das Konzept und Präsentationen, mit denen die Agrar-Reform in Zahlen und Schaubildern an die Scheunenwand geworfen werden kann. 2012 geht „Bauer hält Hof“ weiter.

November – Die runderneuerte Webseite der Agricultural and Rural Convention „ARC2020.eu“ geht ins Netz. Diese EU-weite Allianz von 150 Organisationen fordert eine „europäische Renaissance der Agri-Kultur und ländlichen Räume“ und gibt der Zivilgesellschaft in der Agrar-Debatte in Brüssel eine gemeinsame Stimme. SOS wurde jetzt von dem Netzwerk beauftragt, seine öffentliche und interne Kommunikation zu betreuen. Kate Mann leitet eine Redaktion von Korrespondenten aus Polen, England, Frankreich, Rumänien, Bulgarien, Italien und Deutschland.

8.11. - Andorf bei Schärding: Benedikt Haerlin (Leiter von Save Our Seeds) hält heute seinen 150. Vortrag seit 2009 über die Lehren des Weltagrarberichts. Wie die meisten von ihnen findet er im Saal der örtlichen Gastwirtschaft statt; spät genug, um Bauern nach dem Melken noch Zeit für 20 bis 30 km Anfahrt zu geben. Diskutiert wird dann bis Mitternacht.

9.11. - In Berlin diskutieren 150 Wissenschaftler aus aller Welt eine mögliche Fortführung des Weltagrarberichts. Die wollen sie im Juni bei der globalen Nachhaltigkeitskonferenz „Rio +20“ in Brasilien fordern. SOS wird dabei sein. Unsere Broschüre „Wege aus der Hungerkrise“ wurde mittlerweile 30.000 mal verkauft.

Dezember: Vandana Shiva präsentiert bei einer Pressekonferenz von SOS und dem NABU ihre Veröffentlichung „Des Gentechnik-Kaisers neue Kleider“ über die Firma Monsanto. SOS hatte den europäischen Teil geschrieben. Ein einziger Konzern beherrscht 20 bis 40 Prozent des globalen Saatguthandels mit Mais, Soja und vielen Gemüsesorten. Seine rabiate Gentechnikpolitik fordert den Widerstand in aller Welt heraus und die Frage: Wem gehört eigentlich das Saatgut dieser Welt?

 

 


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